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Ab Mitte der 1960er Jahre nahmen öffentliche Proteste in der Bundesrepublik zu. Die wirtschaftliche Boom-Phase kam an ihr Ende und eine jüngere Generation wuchs heran. Im Fokus ihrer, durch linke Theorie unterfütterten, Kritik standen vor allem das starre und überforderte Bildungssystem, die unaufgearbeitete NS-Vergangenheit und ein international dominierendes liberal-kapitalistisches System.
Die Studierendenbewegung von 1967/68 zersplitterte zu Beginn der 1970er Jahre. Gleichzeitig erreichten die Ideen der Neuen Linken breitere Bevölkerungsschichten. Es entwickelte sich eine vielfältige Alternativkultur, die von Szenekneipen, Buchläden oder einem speziellen Kleidungsstil über Kinderladenprojekte, Wohngemeinschaften und Landkommunen bis zu eigenen Medien und Verlagen reichte.

Ab den 1970er Jahren kamen weitere Themen auf die Protestagenda und das Engagement richtete sich auf konkrete Veränderungen vor Ort. Anti-AKW-und Umweltbewegung, Frauenbewegung, Friedensbewegung und auch die Homosexuellenbewegung gehören zu den bekanntesten Neuen Sozialen Bewegungen, die sich aus dem Wunsch nach Veränderung, Sichtbarkeit und politischer Mitsprache entwickelten. Die Bewegungen bestanden aus zahlreichen meist lokalen Initiativen, die Protestaktionen und Projekte organisierten und die traditionellen Organisationsformen skeptisch gegenüberstanden.

Aus vielen Initiativen und Gruppen entstanden Anfang der 1980er Jahre längerfristige Projekte und Vereinsstrukturen. Auch in Münster war vor allem in der Frauenbewegung und bei Schwulen und Lesben das Bedürfnis nach sicheren Räumen und eigenen Organisationen groß.

1985 gründeten Schwule und Lesben das Kommunikationscentrum Münsterland – KCM. 1986 konnten eigene Räume in der Grevener Straße bezogen werden.

Die AIDS-Epidemie traf besonders schwule Männer. Aber nicht nur die fast immer tödlich endende Krankheit belastete die Schwulenbewegung, sondern auch
Ausgrenzung und Anfeindungen. 1983 gründete sich die Deutsche Aidshilfe. In Münster nahm 1986 die Fachstelle für Sexualität und Gesundheit – Aidshilfe
Münster e.V. ihre Arbeit auf. Im KCM wurde 1991 das Rosa Telefon und eine AG Gewalt gegen Schwule eingerichtet.

Gleichstellungspolitik musste erstritten werden. Erst als alle Münsteraner Frauenorganisationen gemeinsam Druck ausübten, richtete die Stadt Münster
1986 die Stelle einer Frauenbeauftragten ein.

Anfang der 1990er Jahre gab es in Münster eine lebhafte Infrastruktur, durch die Frauen-, Lesben- und Schwulenbewegung miteinander vernetzt waren. 1991 gründete sich eine erste Selbsthilfegruppe für trans Menschen.

Innerhalb des KCM gab es eine Lesbenabteilung, die u.a. 1995 in den „Westfälischen Lesbischen Nachrichten“ eine Anzeige schaltete. 1998 gründete sich der unabhängige Verein LIVAS – „Lesben im Verein am Schönsten“.

Im Januar 1995 stellten die Fraktionen der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen einen gemeinsamen Antrag im Rat der Stadt Münster. Sie wollten einen „Runden Tisch zur Lesben-/Schwulenpolitik“ einrichten. Erstmals sollten Diskriminierungserfahrungen als auch Bedarfe der Community systematisch ermittelt werden.

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